Wieso beherrschen wir direkt die Regeln unseres neuen Lieblingsspiels? Weil Spaß uns erregt. Gamification setzt genau darauf- Let’s make Arbeiten geil again!
In einer Zeit von Reizüberflutung und Fachkräftemangel heißt es seine Strategie anzupassen. Die Ansprüche der Menschen haben sich längst geändert- die der Mitarbeiter, der Stakeholder und die der Kunden. Wer nicht flexibel und offen für neue Wege ist, könnte auf der Strecke bleiben.
Gamification bietet einen Ansatz bei dieser Herausforderung.
Spiel und Spaß treibt und zieht uns alle an, motiviert und bindet. Wir Deutschen haben dieses Prinzip nur leider noch nicht ganz verinnerlicht.
Mit Ü30 noch Gesellschaftsspiele spielen? Ich bin mir sicher, dass wir nicht die Einzigen sind, die das machen und nicht vorhaben, es zu ändern. 70% der über 35jährigen spielt mindestens gelegentlich Online- oder Gesellschaftsspiele. Die Jüngeren spielen noch öfter.
Jeder Mensch hat das grundlegende Verlangen nach Prozess, danach sein Können zu verbessern, im Wettbewerb gut abzuschneiden und dabei Neues zu lernen.
Anders formuliert: Jeder Mensch gewinnt gern!
Gamification, zu deutsch „Gamifikation“ oder „Gamifizierung“ bedient sich unserer typischen Bedürfnisse und ist zudem vielseitig einsetzbar. Es ist die Zwecksentfremdung und gleichzeitig die Sinngebung des klassischen Spielens. Dementsprechend bedienen wir uns spieltypischer Elemente in einem spielfremden Kontext, um den Berufsalltag zu unterstützen. Ungeachtet dessen ob in der HR-Abteilung, beim Marketing, oder in der IT-Abteilung, mit der angemessenen Umsetzung können damit Wunder erreicht werden.
Gamification in der Personalwirtschaft
Bei der Suche nach den passenden Persönlichkeiten für eine offene Stelle eignet sich Gamification vorzüglich. Willensstärke, Durchsetzungsvermögen, Führungsqualitäten, Konfliktbereitschaft, Teamfähigkeit und andere Charakterzüge lassen sich beim Spielen in der Bewerbungsphase offen legen.
So können die Bewerber in kleinen Gruppen unter dem Anlass der Stimmungslockerung oder „zum Warmwerden“ gegeneinander in den Wettbewerb gehen. Die Aufgabe kann etwas Simples, wie der Bau eines Turms aus Strohalmen unter Einhaltung bestimmter Konditionen, oder ähnliches, sein.
Der Sinn erfüllt sich in zweierlei Hinsicht. Einerseits führt das Spiel zur Situationslockerung, Spaß, Kontakt und die Bewerber sind danach fit. Währenddessen lässt sich ebenso beobachten, wer bspw. die Führung übernimmt. Ihr könnt direkt in Aktion sehen, wer die geeigneten Stärken für die zu belegende Stelle aufweist. Selbst Menschen, die als Unternehmensberater gearbeitet haben, können nicht gleichzeitig spielen und sich verstellen. Selbst wenn der Bewerber das Prozedere kennt, wird seine Persönlichkeit durchscheinen. Offenbarte SoftSkills und Persönlichkeitszüge stehen in keinem Lebenslauf.
Kleiner Tipp an Bewerber in dieser Situatuion: Wenn jemand anderes die Führung schon hat, versucht nicht in Konkurrenz zu gehen. Das hält den Prozess auf und fällt auf euch zurück. Zeigt euch lieber als Co-Führer und punktet durch Ideen.
Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Große Konzerne haben in dieser Hinsicht viel Kreativität bewiesen. Pwc kam zum Beispiel auf die Idee ein virtuelles Online- Assesment- Spiel in den Bewerbungsprozess einzubauen.
Gamification im Changemanagement
Gewohnheiten zu ändern fällt uns Menschen schwer. Dem einen mehr, dem anderen weniger- aber es ist anstrengend und fordert uns heraus. Das liegt daran, dass es gegen unsere neurologische Grundeinstellung spricht. In unserem Gehirn sind die so genannten Basalganglien für unsere Gewohnheiten verantwortlich. In diesem Areal werden unsere Gewohnheiten abgespeichert, damit wir uns bei gewohnheitsmäßigen Handlungen nicht immer bewusst überlegen müssen, was wir nun genau machen müssen. Das erleichtert unser Leben im Alltag ungemein. Wir müssen uns diese Tätigkeiten nicht bewusst überlegen- sie laufen unterbewusst ab. Der Nachteil: Wir können auf dieses Areal bewusst nicht zugreifen!
Wenn euer Mitarbeiter sich nicht auf Anhieb auf Änderungen einstellen kann, dann weil es nicht in seiner Natur liegt. Hier kommt Gamification ins Spiel. Gewohnheiten prägen sich durch Routine irgendwann ein. Wir können diesen Prozess verkürzen, indem wir die Abkürzung ins Unterbewusstsein nehmen. Das gelingt durch unsere Lieblingsemotion: Spaß!
Die NASA sensibilisiert ihre Mitarbeiter spielerisch in Puncto Mobbing und Belästigungsfragen. Die entsprechenden NASA-Richtlinien werden den Mitarbeiter in einem virtuellen 3D-Raum vermittelt. In einigen Sitzungen erleben die Teilnehmer dort verschiedene Szenarien der Belästigung, und üben dabei die richtigen Verhaltensweisen ein.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgte die Bayer AG, mit der Intention ihren Mitarbeitern abstrakt formulierte, gesetzliche Bestimmungen und unternehmenseigenen Regeln zu vermitteln. Damit diese für die Anwendung in der Praxis nachvollziehbar sind, brachte man die Mitarbeiter virtuell in alltägliche Situationen, in denen die Vorgaben relevant sind, um deren Anwendung einüben zu können. In verschiedenen Spielsequenzen aus der Ich-Perspektive gilt es sich richtig zu entscheiden. Bei Fehlentscheidungen werden den Mitarbeitern die Konsequenzen anschaulich vorgeführt. Nichts Prägt sich so stark ein wie Erlebtes. Die Teilnehmer haben also die Chance aus ihren Fehlern zu lernen, ohne sie wirklich gemacht zu haben.
Gamification im Marketing
Das Glücksgefühl, das beim Spielen ausgeschüttet wird, bringt Menschen zu allem Erdenklichen. Dieser Tatsache bedient sich das Marketing.
Die Fun Theorie von Volkswagen ist ein Paradebeispiel hierfür. Menschen sind angesichts des durch Gamification vermittelten Gefühls beispielsweise bereiter, sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten.
Nehmt ihr lieber die Treppe als Stufen zu steigen? Die VW Kampagne hat ihre Theorie auch hier angewendet. Die Treppenstufen einer Bahnstation mussten nur in Form von Klaviertasten angemalt werden und Töne von sich geben. Schon nehmen zum Zeitraum der Kampagne alle Passanten die Treppe.
Kundenbindung lässt sich ebenso hervorragend durch Spaß erzielen. Etliche Shops bauen Gewinnspiele in ihren Onlineauftritt ein. Der Unterschied zu früheren Gewinnspielen ist, dass viele Nutzer diese Spiele nicht nur wegen des möglichen Gewinns gerne spielen.
Beim Crowdsourcing läuft es mit den selben Mitteln und ebenso effizient ab. Zeitintensive Aufgaben werden an die Online-User übertragen. Dabei kann das Wissen und die Kreativität von mehreren Tausenden, also die Schwarmintelligenz, genutzt werden. Aufgaben, die von Computern nicht so simpel gelöst werden können, werden an die User ausgelagert. Das wohl bekannteste Beispiel, was allerdings nicht den Spielfaktor beinhaltet, ist Wikipedia. Crowdsourcing greift in die Bereiche Marketing, Design und Produktentwicklung, sowie in die Lösungsansätze konkreter fachspezifischer Probleme. Wissenschaftler nutzen es im Online-Game fold.it unter dem Slogan „Solve Puzzles for Science“. Den Usern wird die Aufgabe übertragen Proteinmoleküle optimal zu falten, um die Struktur von Proteinen zu entschlüsseln. Dem Nutzer erscheint es wie ein Onlinespiel, und die Anbieter erhalten Faltmöglichkeiten in den verschiedensten Variationen.
Gamification als Mitarbeitermotivation
Im Arbeitsalltag spielen? Für Google, Microsoft, SAP, Coca Cola und viele der namenhaften Riesen ist das längst schon Teil ihrer Unternehmensstrategie. Menschen leisten und lernen mehr, wenn sie Spaß dabei empfinden.
Der Software-Riese SAP gehört hier zu den Pionieren. Anfänglich wurde ein in die Firmensoftware integriertes Golfspiel intigriert. Entsprechende Kundenanfragen werden als Golfball dargestellt und dem zuständigen Mitarbeiter zugeschossen. Zweck ist es Kundenanfragen schneller an den richtigen Ansprechpartner zu leiten. Seitdem hat sich Gamification im SAP- Konzern etabliert.
Weitere Anwendungen für unternehmensspezifische Spiele bietet HPM. Hier könnt ihr beispielsweise am Online-Managementspiel „International Management Simulation“ der Bayer AG teilnehmen und Management-Prozesse im Schnelldurchlauf erleben. Dementsprechend kann man sich spielerisch neue betriebswirtschaftliche Kenntnisse aneignen. Jeder Teilnehmer ist Teil eines von vier Teams. In sieben Zeitraffer-Geschäftsjahren spielt man als konkurrierende Unternehmensmanager gegeneinander. Ziel ist es, seine Produkte in verschiedenen Märkten zu platziert. Folglich hat gewonnen, wer es am Besten tut.
Bayer verwendet das Managementspiel intern für firmeneigene Fortbildungen.
Gamification wird vielseitig und in den verschiedensten Variationen genutzt.
Serious Games | Der Spieler löst ein reales Problem, während er in einem Spiel voranschreitet. |
Game Based Learning | Inhalte werden durch unterhaltsame Interaktion im Spiel spaßiger,verständlicher und nachhaltiger vermittelt. |
Simulationen | Hier bewältigen Teilnehmer spielerisch reale Herausforderung in einem virtuellen Setting. Unterschiedliche Handhabungen werden ohne Angst vor Konsequenzen getestet. Es ist vollkommen okay, zu scheitern, zu lernen und es erneut zu versuchen. Individuelle Fähigkeiten im Umgang mit der Herausforderung werden gefördert. |
Gamification | Hier werden Spiel-Mechanismen auf Unternehmensabläufe angewandt. Es unterscheidet sich dadurch, dass es sich um kein abgeschlossenes Spiel handelt. Arbeitsprozesse und Dienstleistungen werden mit spielerischen Elementen versehen, die die Verbundenheit mit den Aktivitäten steigern. |
Deutschland, komm raus spielen..
So vielfältig die Möglichkeiten auch sind, so mau sieht die Umsetzung in Deutschland aus. Richtigerweise gelten wir Deutschen im Ausland als ebenso ernst wie fleißig, denn wir machen diesem Ruf alle Ehre. Gerade in traditionellen Unternehmen sind gamifizierte Ansätze und Herangehensweisen nur selten zu finden, obwohl viele das Konzept einleuchtend finden. Nichtsdestotrotz finden sich vor allem in weniger konservativen Unternehmen Ausnahmen. Folgerichtig entsprechen diese Unternehmen einem jüngeren Profil, wie etwa dem Software-Bereich. Die ITler spielen aus Überzeugung. Es wird gespielt, um mehr zu verkaufen, oder um Änderungsvorgaben zu Gewohnheit werden zu lassen. Motivation entsteht als Output, weil Spielen gute Stimmung erzeugt. Es sei also allen geraten dies auch in euren Unternehmen zu etablieren.
Der Trend wird auch immer sichtbarer durch die steigende Anzahl von Start-Ups, die sich darauf spezialisieren Game Solutions für die individuellen Wünsche ihrer Auftragsgeber zu entwerfen. Pfeffermind.de ist die Berliner Antwort auf demotivierende Arbeitsabläufe. Das Team steht hinter dem Konzept, hat sich nie den Spaß am Spielen nehmen lassen. Das macht authentische Geschäftspartner aus. Anders formuliert: Sie leben ihr Konzept. Aus diesem Grund konnten sie Porsche, IKEA, n26 und das Goethe-Institut als Kunden gewinnen.
Die Erfolgsmechanismen stammen aus spielerischen Umgebungen, sportlichen Aktivitäten und Hobbies. Dadurch wachsen Menschen im Berufsalltag über sich hinaus. Spielprinzipien wie Rätsel, Levelaufstiege, Sammelpunkte, Schwierigkeitsgrad-Erhöhungen und Gewinnen gehören dazu, weil sich das Spiel authentisch anfühlen muss. Somit wird die Ausdauer und Motivation der Mitarbeiter verbessert. Es gibt kein universelles Herangehen. Alles was Spaß macht ist erwünscht. Das Spielkonzept sollte an die Größe, Fachrichtung und Ausrichtung des Unternehmens angepasst sein. Achtet beim Erstellen eures Konzepts darauf, , dass es nicht gegebenenfalls ins Gegenteil kippt. Demotivation ist kontraproduktiv. Es ist also wichtig, dass auch die Erfolgserlebnisse haben, die nicht zu den Besten gehören, damit alle Freude daran haben. Nicht alle können den ersten Platz machen, aber alle können Spaß und Motivation verspüren. Kreative Köpfe bringen die abenteuerlichsten Ideen in die Unternehmen. Wir dürfen gespannt sein, was in den nächsten Jahren im Gamification-Bereich noch passiert.